Warum ich WhatsApp deinstalliere
Nach über zehn Jahren teilweise intensiver Nutzung hab ich nun beschlossen, WhatsApp spätestens am 7. Februar zu deinstallieren, mein Konto zu löschen und die Löschung aller meiner Daten zu verlangen. Das sorgt für viel Kopfschütteln, da WhatsApp der mit großen Abstand verbreitetste Nachrichtendienst ist, über den man quasi jede Person erreichen kann, die ein Smartphone besitzt. Es ist schnell, einfach und gratis. Klingt doch toll, wie kann man da etwas dagegen haben?
Kann man ganz einfach:
Datensammelwut
WhatsApp selbst gibt in seinen Datenschutzerklärungen (Quellen sieh unten) an, folgende Daten zu sammeln. Ich weiß, dass das sehr viel Text ist, aber weniger ist es leider nicht:
- Kontaktinformationen: Darunter versteht WhatsApp die eigene Telefonnummer des Nutzers.
- Kontakte: Um Kontakte auf WhatsApp zu finden, liest die App das komplette Kontaktverzeichnis aus und lädt es auf die eigenen Server hoch. Es weiß also, welche Nummern auf welchem Handy gespeichert sind und wer dementsprechend wen kennt. Dabei ist es unbedeutend, ob diese Leute selbst WhatsApp verwenden oder nicht. Natürlich weiß WhatsApp auch, welche Nummern in Gruppen vereint sind, sich also eher noch näherstehen. Es ist außerdem auch von “”Informationen aus dem Adressbuch des Mobilgeräts” die Rede, die nicht näher erklärt werden. Ich denke hier etwa an gespeicherte Geburtstage.
- Käufe: “Wenn du dich dafür entscheidest, Facebook Shops auf WhatsApp zu verwenden, können wir deine Einkaufsaktivitäten nachvollziehen, z. B. die Produkte, die du dir ansiehst und kaufst. Diese Informationen teilen wir dann mit Facebook, da Shops ein Facebook-Produkt ist. Dies bedeutet, dass deine Erfahrung beim Stöbern nach und Kaufen von Produkten in Shops Einfluss darauf haben kann, was du in Shops selbst und in anderen Facebook-Produkten siehst.”
- Identifikatoren: WhatsApp verknüpft die Telefonnummer des Nutzers mit einer WhatsApp Benutzer-ID und weiß, über welche IP-Adresse sich das Telefon mit WhatsApp verbindet. Deshalb weiß es auch den…
- Ungefähren Standort: “Wir sehen zwar nie deinen genauen Standort, aber wir kennen deine IP-Adresse und die Landesvorwahl deiner Telefonnummer.”
- Benutzerinhalte: “Wir erhalten alle Informationen, die du unter „Info” angegeben hast, sowie dein Profilbild, Gruppennamen, Gruppenbild und Gruppenbeschreibungen.”
- Nutzungsdaten: “Um einen zuverlässigen globalen Dienst zu betreiben, müssen wir ermitteln können, welche Funktionen von den Benutzern angenommen werden und welche nicht.” Das heißt, dass WhatsApp aufzeichnet, wer die App wie oft, wie lange, in welchem Umfang und wozu (etwa anhand der Nachrichtengröße) nutzt. Darüber hinaus werden auch die Leistungsfähigkeit des Telefons, Logdateien von Webseiten und der letzte “Online”-Status aufgezeichnet.
- Geräte- und Verbindungsdaten: Auf den WhatsApp-Servern landen Informationen über das genutzte Telefonmodell und sein Betriebssystem, Batteriestand (!), Signalstärke des WLANs oder Mobilfunknetzes, den genutzten Browser, den Mobilfunk- und/oder Internetanbieter, die gewählte Sprache und die Zeitzone.
- Nachrichten: WhatsApp löscht zwar grundsätzlich alle Nachrichten, sobald sie zugestellt sind, von seinen Servern, gibt aber selbst an, dass es “um die Leistung zu verbessern und Medieninhalte effizienter zuzustellen” “solche Inhalte länger auf unseren Servern behalten” kann. (Diesen Punkt finde ich besonders interessant, da er für mich im Widerspruch zur Aussage steht, dass WhatsApp die Nachrichten seiner Nutzer nicht mitlesen kann.)
Facebook als Eigentümer WhatsApps bekommt also sehr genaue Informationen über seine Nutzer sowie deren Kontakte, die WhatsApp selbst nicht nutzen – und das rund um die Uhr, immer auf dem aktuellen Stand. Gespeichert werden all diese Daten “in Ländern außerhalb des EWR, einschließlich USA”.
WhatsApp und Facebook
WhatsApp wurde 2014 für 19 Milliarden US-Dollar von Facebook gekauft und gehört (wie etwa Instagram) deshalb zum Facebook-Konzern, der sein Geld hauptsächlich mit dem Verkauf von Werbung und Nutzerdaten verdient. Wir haben bereits gesehen, welche Menge an Daten Tag für Tag auf den WhatsApp-Servern landen. Ein großer Teil davon wird direkt und laufend mit Facebook geteilt, Details dazu gibt es hier. Es ist dabei unerheblich, ob der Nutzer selbst ein Facebook-Konto besitzt oder nicht.
Bisher (Stand 7. Jänner 2021) werden diese Daten allerdings nicht verwendet, um an Werbekunden verkauft zu werden. Als Verwendungszweck werden aber folgende genannt:
- Förderung der Produkte der Facebook-Unternehmen und Veröffentlichung von Direktmarketing.
- Um Informationen mit anderen, einschließlich Strafverfolgungs- bzw. Vollstreckungsbehörden, zu teilen und um auf rechtliche Anfragen zu reagieren.
- Um Informationen mit den Facebook-Unternehmen zu teilen und so die Sicherheit zu fördern.
Außerdem behält sich WhatsApp das Recht vor, “deine Informationen an jedwedes unserer verbundenen Unternehmen oder Nachfolgeunternehmen bzw. jeden neuen Eigentümer übertragen.” Damit ist es Facebook möglich, so genannte “Schattenprofile” von Menschen anzulegen, die es selbst nicht nutzen (bekannt seit 2013), oder auch unvollständige Facebook-Konten für sich selbst zu vervollständigen.
Die neuen Nutzungsbedingungen
Mit 8. Februar 2021 führt WhatsApp neue Nutzungsbedingungen ein. Stimmt man diesen nicht zu, kann man den Dienst nicht weiter verwenden. Das Ziel dahinter ist eine noch stärkere Verknüpfung der Facebook-Dienste miteinander. Bisher konnte man theoretisch noch auswählen, dass seine Daten nicht mit Facebook geteilt werden, auch wenn diese Option bewusst aktiviert werden musste. Das wird künftig nicht mehr möglich sein.
Mein Fazit
Kurz gesagt: Ich will nicht mehr. Ich will Facebook nicht länger meine (und vor allem: deine!) Daten nachwerfen und Marc Zuckerberg noch reicher machen, als er eh schon ist.
Diese Infos sind für mich nicht sonderlich neu, aber bisher dachte ich, dass ich zu viele Kontakte verlieren würde, wenn ich auf WhatsApp verzichte, weil alle anderen dort sind und bleiben. Mittlerweile ist mein Frust über die Datengeschichte allerdings so groß, dass die neuen Nutzungsbedingungen (neben der schon angekündigten Werbung auf WhatsApp) ein ausreichender Anstoß für mich sind, einen Schlussstrich zu ziehen und künftig nur noch über Signal erreichbar zu sein. Abschließend dazu noch eine kleine Grafik, die die Angaben von WhatsApp (links) und Signal (rechts) über die gesammelten Daten vergleicht1Screenshot aus dem App-Store von Apple, ursprünglich hier.:
Solltest du Fragen zu Signal haben, melde dich einfach! Bis 7. 2. bin ich noch auf WhatsApp erreichbar, sonst kann man mich auch anrufen oder mir Mails schreiben! 😉
Alle oben genannten Informationen sind den folgenden Quellen entnommen:
- https://www.whatsapp.com/legal/privacy-policy-eea
- https://faq.whatsapp.com/general/unpacking-whatsapps-privacy-label-in-the-apple-app-store/?lang=de
- https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/digitec/neue-whatsapp-agb-erlauben-teilen-von-daten-mit-facebook-17133680.html
- https://www.derstandard.at/story/2000122830110/verschluesselung-ist-nicht-alles-warum-signal-eine-bessere-wahl-als?ref=rec